Im Jahr 2465 besiedelt die Menschheit den Planeten Acriborea. Dort leben die fügsamen Malorgen und ihre im Wasser lebenden Verwandten die Thauma. Der menschliche Gouverneur Denshaw hat die schwierige Aufgabe, die Interessen er einheimischen Völker und die der gerade im System angekommenen zwölf Millionen Menschen unter einen Hut zu bringen. Dazu scheint er die gesamte Rasse der Thauma zu versklaven. Doch nicht alle Menschen stimmen den Plänen des Gouverneurs zu. Die Rebellen versuchen den Genozid mit allen Mitteln zu verhindern, selbst, wenn dazu Blut fließen muss.
Wie bei einem ersten Band einer Serie fast nicht zu vermeiden, werden mehr Andeutungen gemacht, als Fragen beantwortet. So erleben wir Leser die Geburt des zwölften Auserwählten. Zehn seiner auserwählten Kameraden bekommen wir auch zu sehen – wo ist der fehlende elfte Auserwählte? Die Thauma scheinen einen eigenen Plan zu ihrer Rettung und die der Malorgen zu haben. Passt die Rettungsaktion der Rebellen in diesen Plan? Nicht nur dieser eine Planet des Sonnensystems ist bewohnt und die Bewohner der anderen Planeten scheinen ebenfalls mit den Thauma verbunden, wie wird sich diese Verbindung auf die Kolonie der Menschen auswirken? Wer steckt hinter dem fliegendem Lautsprecher in den Reihen der Malorgen?
Die Zeichnungen schmeicheln dem SF-Fan. Schon auf der ersten Seite durchpflügen Erkundungsschiffe die fremde Einöde, ein riesiger Transporter taucht nach fünfzehn jähriger Reise in ein fernes Sonnensystem ein, der Raumhafen streckt sich als Stahlfinger in den Himmel des neuen Planeten und die Hauptstadt ist von regem Flugverkehr durchsetzt. Stéphane Créty gibt seinen Personen etwas längliche Gesichter, zeichnet seine Technik in detailverliebter Akribie. Die extremen Blickpunkte werfen den Blick des Lesers in tiefe Häuserschluchten, schiefe Horizonte sorgen neben Speedlines und den Kondensstreifen der Atmosphärenfahrzeuge für sichtbare Geschwindigkeit. Seine Personen haben etwas austauschbare Mimik, dafür kann er exzellent Bewegung darstellen. Besonders die Massenszenen sind dadurch beeindruckend und bringen Bewegung in die eher behäbig erzählte Geschichte.
Acriborea ist ein gelungener Mix aus Science-Fiction und einem Schuss Gesellschaftsanalyse. Im ruhig und spannend erzählten Kleid einer durch die Bilder dann doch rasanten Geschichte mit angenehm vielen Raumschiffen, unbekannten Lebensformen, noch vorstellbarer Technik und aufrechten Helden wird hier die Frage gestellt, wie weit darf man den Menschen bevormunden, damit er seinen Frieden findet? Das ist eine angenehme Abwechslung zur leider oft zur puren Action verkommenden Laserballerei SF-Unterhaltungskost. Nicht das Acriborea nicht unterhalten könnte, aber diese Geschichte kann eben noch etwas Mehr. Wer Splitters Orbital mochte, wird diesen Comic ebenso schnell ins Herz schließen nur mit dem Unterschied, dass es hier ein waschechter erster Teil mit gnadenlosem Fortsetzungsdrang ist. Glücklicherweise ist der zweite Teil auch schon erschienen.
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