Moon wer? Hierzulande ist Marc Spector in seinem weißen Dress eher nicht bekannt. Dabei ist er wie Batman ein wohlhabender Mann, der die Bösewichter der Nacht jagt, tolle Flugzeuge, treue Helfer und eigentlich keine Superkräfte hat. Und wie Batman in seiner Knightfall/-quest Storyline hat Marc eine fiese Verletzung zu überwinden: In seinem letzten Kampf gegen den bei uns völlig unbekannten Bushman wurden seine Beine zertrümmert. Verzweiflung, Alkohol und Selbstmitleid haben den Ex-Helden zu einem tablettensüchtigen Krüppel gemacht. Plötzlich steht ein alter und verlauster Freund in der Tür. Seine Worte lassen den fast verglommenen Lebensfunken in Marc wieder glühen.
So war das aber gar nicht geplant, und Planung ist alles für Moon Knights Gegner in dieser ersten sechstteiligen Story-Arc der aktuellen Heftserie. Der Bösewicht ist ein Profiler und hasst Spiegel, weil er sich nicht selber sehen und analysieren will. Aber der beste Plan misslingt, wenn sich nicht allen daran halten. Und so wird aus dem sicheren Ende des Moon Knight seine Wiedergeburt.
Der Plot scheint bekannt, aber der renommierte Krimi-Autor Charlie Huston erzählt diese Geschichte auf mehreren Ebenen und der Leser muss für einen Superheldencomic ungewöhnlich oft mitdenken. Angenehm anders ist auch die Figur des Gottes, der Moon Knight seine Kräfte gab. Der kommt eigentlich sehr negativ in diesem Comic weg. Dabei bewegt sich „The Bottom“, wie die Geschichte im Original heißt, elegant zwischen Horror und Psycho, stets düster oder aggressiv und ist definitiv kein Kinderkram.
Da passen David Finchs aus den Avenger Comics bekannten dunklen Bilder wunderbar. Gelungen ist auch die Visualisierung der besonderen Fähigkeit des Profilers. Er sieht in popartigen Texteinblendungen die Charaktereigenschaften seines Gegenübers. Die werden in der deutschen Ausgabe am Rand der Seite übersetzt. So hat man den grafischen Genuss und die Textinformation - schön gelöst.
Aber diese Geschichte hat natürlich neben einigen Antworten auf nicht gestellt Fragen neue Rätsel auf Lager: Warum haben alle Mitglieder des neuen Komitees Elternteile durch einen Werwolf verloren? Ist das eine Anspielung auf die Origin des Moon Knight, der seine ersten Comicschritte auf den Seiten eines Werwolf-Comics erlebte? Wem gehört die Hand, die auf der letzten Seite scheinbar einen blutigen Mord begeht? Das, liebe Comic-Freunde, wird sicher im nächsten Band von Moon Knight erzählt, wenn sich dieser nicht alltägliche Serie ordentlich auf dem deutschen Markt bewährt.